Zwischen Lesereisen und Weihnachtsmärkten

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Klaus-Peter Wolf, Foto: Wolfgang Weßling
Foto: Wolfgang Weßling

Klaus-Peter Wolf nimmt uns mit auf eine Reise hinter die Kulissen seiner Lesereise und seiner literarischen Welt. Erfahren Sie, wie er Humor und Tiefgang in seinen Krimis vereint und die Seelen der Leser immer wieder zu berühren weiß. Entdecken Sie sein neuestes Werk „Der Weihnachtsmann-Killer“ und seine ganz persönliche Sicht auf die Weihnachtszeit.

Es gab mal vor langer, langer Zeit eine Kurzgeschichte aus der Perspektive von jemandem, der Weihnachten und ganz besonders Weihnachtsmänner hasst. Die Geschichte endet damit, dass er droht, den Nächsten umzubringen, weil er die Musik und all das nicht mehr erträgt. Und dem kann man ja an Weihnachten nicht gut entgehen, das ist ja überall. Die Geschichte wurde in ein paar Zeitungen und Anthologien abgedruckt. Da haben mir so viele Leute geschrieben, dass sie diese Gefühle kennen. Dass sie Weihnachten eigentlich auch lieben und sich darauf freuen, es aber einen Zeitpunkt gibt, an dem sie es nicht mehr aushalten.

Deshalb dachte ich „nimm dieses Gefühl mal ernst, Klaus-Peter“. Dieses Gefühl‚ „ich halte es nicht mehr aus mit Weihnachten und der Musik“ kennen die Leute auch. Bis zu einem bestimmten Punkt nachvollziehbar. Und dann setzt der Weihnachtsmannkiller sich Kopfhörer auf und hört Death Metal, um überhaupt durch die Stadt laufen zu können. Aber natürlich wollen wir nicht, dass die Weihnachtsmänner umgebracht werden. Da merkt man erst, wie verrückt er ist.

Cover von "Der Weihnachtsmannkiller", Bild: Fischer Taschenbuch Verlag

Der Weihnachtsmannkiller

Fischer Taschenbuch Verlag, ISBN 978-3-596-70862-8, 256 Seiten, gebundene Ausgabe

Außerdem hatte ich noch Bilder im Kopf von einem der ersten Winter als wir nach Ostfriesland gezogen sind. Da haben wir die ersten großen Schneefälle in Ostfriesland mitgekriegt und auch, wie überfordert gleich alles war. Wir sind zum Meer gegangen und das Watt war zugefroren. Die Flut hat dann diese zugefrorene Fläche gebrochen und die Eisschollen lagen wie Spielkarten aufgestapelt da. Das war schon etwas Verrücktes, dass etwas zufriert, was salzig ist. Wenn dann der Wind ging, knirschte das Eis und rieb aneinander. Das hatte auch was Gruseliges. Natürlich ist das nicht immer so, aber Literatur erzählt natürlich die Extreme. Und da der Weihnachtsmannkiller zwischen dem 5. Dezember, wenn die Verknobelungen in Ostfriesland beginnen, bis zum 24. Dezember Weihnachtsmänner umbringt, ärgert er sich immer, dass er sie nicht vergraben kann.

So konnte ich auch mein altes Kommissar-Team in neue Situationen bringen. Die ermitteln ja sonst viel im Sommer, aber jetzt hat Ann Kathrin Klaasen gesagt „Wenn es jemand auf Weihnachtsmänner abgesehen hat, ist es jetzt sehr gefährlich, den Weihnachtsmann zu spielen. Also schlag ich vor, Weller und Rupert verkleiden sich als Weihnachtsmänner und verteilen in der Innenstadt Stutenkerle.“ Jetzt spielen die plötzlich Weihnachtsmänner. Rupert bleibt natürlich Rupert und verteilt das mehr an die alleinerziehenden Mütter, mit denen er flirtet, Weller an die Kinder.

Da gibt es einen Schüler, der schickt einen gefälschten Erpresserbrief an Zeitungen, den er mit „Der Weihnachtsmannkiller“ unterschreibt. In dem Brief steht drin, dass er Männer umbringt, die mal Weihnachtsmänner waren. Aber wenn man sein Weihnachtsmannkostüm verbrennt, es bereut und abschwört, würde man verschont werden. Als Beweis soll man ein Video drehen und auf Instagram unter dem Hashtag #derweihnachtsmannkiller einstellen.

Und dann überlegen sich natürlich viele „das ist bestimmt echt“ und einige, die Angst haben, verbrennen ihre Weihnachtsmannkostüme, während andere das nur aus Spaß machen und sagen „Prost auf den Weihnachtsmannkiller“. Also, es ist ein schwarzhumoriger Kriminalroman. Als ich den fertig hatte, hat das im Verlag Jubelschreie ausgelöst. Und ich wette, der Hashtag wird sehr beliebt und daraus entwickelt sich eine Challenge, weil viele das aus Spaß machen werden. Ganz bestimmt.

November bis Anfang Dezember bin ich immer auf einer langen Lesereise. Danach bin ich eine Woche in Hamburg im Hörspielstudio, um meinen neuen Roman, der im Januar erscheint, einzulesen. Das heißt, ich sitze jeden Tag sieben oder acht Stunden im Studio und die restliche Zeit möchte ich natürlich an die frische Luft. Da bin ich dann auf verschiedenen Weihnachtsmärkten in den Vierteln unterwegs. Und wenn ich dann zurück bin in Ostfriesland besuche ich auch da die Weihnachtsmärkte.

Ostfriesland hat ja in der Weihnachtszeit auch was Besonderes mit den Lichtern und ich mag Märkte sowieso sehr gerne. Das muss nicht immer ein großer, überladener Weihnachtsmarkt mit ganz viel zu kaufen sein. In Ostfriesland gibt es ja auch viele kleine Märkte, die von Gruppen oder Vereinen für einen gemeinnützigen Zweck organisiert werden. Sowas finde ich total klasse und da fresse ich mich auch immer rund. Das macht das Leben bunt, finde ich. Dieses Jahr ziehe ich Anfang Dezember noch mit einem NDR-Team durch die ostfriesischen Weihnachtsmärkte und erzähle dort ein bisschen von meiner Arbeit als Schriftsteller und vom Weihnachtsmannkiller natürlich. Das soll voraussichtlich am 17. Dezember ausgestrahlt werden.

An den Weihnachtstagen trifft sich unsere große Patchwork-Familie meist irgendwo an einem Ort, manchmal in Köln, Norden, Frankfurt bzw. Offenbach. Das wird immer so ausgekaspert, wo wir uns dann treffen. Bettina und ich genießen es dann auch, zusammen zu kochen statt im Hotel zu essen. Dazu gehört auch, auf dem Markt einkaufen zu gehen und da entscheiden wir dann, was wir kochen.

Termine in der Region:
02.12.23 11:00 Uhr
Signierstunde in Wilhelmshaven
10.02.24 18:00 Uhr
Signierstunde in Norddeich
21.02.24 19:30 Uhr
Krimilesung in Westerstede

Etwas Spaß muss sein, selbst wenn man Krimis schreibt. Foto: Katrin Görs

Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel: Zur letzten Signierstunde von Bettina und mir in Norden sind 1.200 Menschen gekommen, auf Borkum kamen so 850 Leute. Da haben wir zwei Reihen gemacht, weil sich bei uns Kinder immer vordrängeln dürfen. Die Kinder, die öfter dabei sind, kennen das auch schon. Ich stehe dann irgendwann auf und rufe über so eine ganz lange Schlange hinweg „Kinder dürfen sich vordrängeln, die können hier eine Sonderschlange eröffnen. Aber das gilt nur bei uns, dass Kinder sich vordrängeln können. Das ist jetzt nicht in jedem Supermarkt so“, und dann lachen natürlich alle. Das heißt, wir machen auch bei den Lesungen und Signierstunden jede Menge Spaß.

Unser Bassist Heinz Edzards sagte neulich: „Ich sehe nur glückliche Gesichter. Deshalb trete ich so gerne mit euch auf und spiele Bass. Die strahlen und verlassen die Veranstaltung glücklicher als sie gekommen sind.“ Ich glaube, da hat Literatur und Kunst auch eine ganz wichtige Bedeutung. Das ist gut für die Seele. Bei den Kindern genauso wie den Erwachsenen. Wir spielen da auch Seiten in den Menschen an, die so im Alltagsstress vielleicht ein bisschen unter gehen.

In „Ein mörderisches Paar“ ist der Serienkiller Dr. Bernhard Sommerfeldt, der ja von vielen Menschen geliebt wird, der männliche Teil. Der weibliche Part ist Frauke aus dem Roman „Rupert undercover“. Sie ist Miet-Ehefrau von Gangster-König Frederico Müller-Gonzáles. Jetzt kann man sagen „was interessiert mich die Liebesgeschichte eines Serienkillers und einer Edel-Prostituierten?“, aber da sitzen Paare händchenhaltend und strahlen sich an. Weil jeder von uns, jeder, wünscht sich doch mindestens einen Menschen im Leben, vor dem man ohne Maske und ohne Schutz sein kann, wer man wirklich ist. Auch mit seinen Ängsten, seinen Zweifeln, seinen Blödheiten, die man gemacht hat oder tut. Wirklich ganz man selbst sein und angenommen werden. Und die beiden, die leben das. Die haben sich ja nix vorzuwerfen. Für die ehemalige Prostituierte ist es sicherlich nicht ganz einfach, einen Mann zu finden, bei dem sie wirklich so sein kann wie sie ist und mit allem, was mal war. Kann man verstehen. Für den Serienkiller auch. Man wird ja auch erpressbar, man wird verletzbar. Jeder, der sich einem Menschen nähert und nah an sich ran lässt, wird verletzbar. Und da wird das im Extremfall erzählt.

Die Leser und Leserinnen sind natürlich keine Serienkiller oder Prostituierte, aber sie haben trotzdem Sachen, wo sie leicht verletzbar sind oder wo sie vorgeführt werden könnten. Und dann so ein Paar zu sehen, die das offen miteinander leben, macht sie für die Menschen total sympathisch. Wenn ich dann signiere, stehen immer wieder Paare vor mir, die mich anstrahlen und sagen „Können wir ein Foto mit Ihnen machen, Herr Wolf? Wir sind das mörderische Paar“. Damit meinen die nicht, dass sie mit Männern für Geld ins Bett gehen oder Leute umbringen, sondern eine andere Ebene. Und ich finde das geradezu rührend. Das werden Sie auch in Emden erleben. Obwohl das ein Kriminalroman ist und eine Gesellschaftssatire hat es etwas, das die Menschen auf einer tiefen Ebene bewegt und sie auch an eigene Sehnsüchte bringt. Wie man auch gerne sein möchte. Das mache ich gerne.

Es gibt zum Beispiel eine Vitrine mit einem Füller und Kladden, die ich mit diesem Füller beschrieben habe. Ich schreibe ja die Romane immer mit dem Füller in eine Kladde. Und da schrieb mich eine Frau an, das ihr verstorbener Mann ein Fan von mir war und fragte, ob sie mir seinen wertvollen Füller schenken dürfte. Und es wäre für ihn eine große Ehre, wenn ich damit meinen nächsten Roman schreiben würde. Und das fasst einen auch an. Ich hab den Füller genommen und er schrieb wunderbar und habe damit nicht nur einen sondern gleich zwei Romane geschrieben. Und dann wurde er pensioniert und ich habe ihn mit den Kladden in die Ausstellung gegeben. Da hänge ich schon sehr dran.

Dann gibt es eine Vitrine, in der Dinge sind, die Fans mir gemacht haben. Die häkeln den Klaus-Peter Wolf als Lesezeichen oder Bettina mit Gitarre und Mikrofonständer. Ganz zauberhaft. Bis hin zu einem Golfball, auf dem mein Gesicht ist. Da wurden mal 500 oder so gemacht und die werden nur gegen eine Spende ans Hospiz abgegeben, für das ich Schirmherr bin.

Da haben natürlich viele geschmunzelt und im Verlag haben sie gesagt „Das ist einigen Leuten sicher eine Menge Geld wert, wenn sie dir mal so richtig in die Fresse hauen dürfen, ohne dass es juristische Konsequenzen hat“. Ich konnte da auch drüber lachen. Einen davon hab ich meinem Verleger geschenkt und einen meiner Lektorin und hab ihnen gesagt: „Falls ihr mal so richtig sauer auf mich seid und denkt ‚ich könnt ihn an die Wand klatschen‘, Bitteschön, hier habt ihr die Möglichkeit.“

Stolz zeigt Klaus-Peter Wolf die Geschenke, die Fans für ihn und seine Frau gemacht haben. Foto: Katrin Görs

Genau und da hören wir von immer mehr Eltern „Sie haben mein Kind zum Lesen gebracht“. Eine Lehrerin erzählte uns, dass sie in der dritten Klasse ein Buch im Unterricht besprochen hat und seitdem sei die Lesewut bei den Kindern ausgebrochen. Das ist eigentlich das Tollste, so eine süchtig machende Kinderbuchreihe, wo die Kinder immer weiter lesen wollen. Jetzt im Westerwald haben sich 420 Kinder für die Veranstaltung angemeldet und das berührt mich sehr.

In den Büchern werden ja auch die klassischen Rollenverhältnisse in Frage gestellt. Das ist in einigen Ländern geradezu ein politisches Statement und trotzdem werden sie gerade ins Arabische übersetzt und sind selbst in Russland erhältlich. Das macht uns doch auch ein bisschen Mut, wenn die Kinder auf der ganzen Welt über die gleichen Gags lachen können. Vielleicht kann doch noch alles besser werden, wenn man für Kinder eine gemeinsame Sprache findet.

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