Von der Lust, durch die Zeit zu reisen

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Hoch zu Ross treten die Ritter gegeneinander mit der Lanze an. Bild: Fogelvrei Produktionen

Anfang August kann man in Dornum wieder auf Zeitreise gehen, wenn die Fogelvreien mit Mann und Maus ihr Lager am Dornumer Schloss aufschlagen und Besucher das Mittelalter hautnah miterleben können.

Guten Tag Herr Faget. Sie sind Mitbegründer der Fogelvreien. Wie entstand eigentlich die Idee, Mittelaltermärkte zu veranstalten?

Die Idee entstand 1988, nachdem ich es als mittelalterlicher Musikant leid war, auf modernen Bühnen aufzutreten und sich ein reisendes Ritterturnier zusammenfand, mit dem wir zwei Jahre durch Deutschland reisten. Ein Engagement in Japan führte dazu, dass sich ein erster Kern an Handwerkern und Künstlern bildete, der den Tross der Fogelvreien gründete. Über die Jahre ist der Kern auf 35 Stände und rund 160 Akteure angewachsen. Ergänzt wird er durch zahlreiche weitere Stände und Akteure, die uns bei größeren Projekten unterstützen. In Dornum werden wir mit etwa 10 Dutzend Aktiven die Welt des 9. – 15. Jahrhunderts wieder lebendig werden lassen.

Wie kamen Sie auf Dornum als Standort?

Anlässlich des 800-jährigen Jubiläums der Glocke „Johanna“ in Dornum hatte der Kurdirektor der Tourismus GmbH im Jahr 2000 die Idee, am Dornumer Schloss ein „Mittelalterfest“ auszurichten. So fanden wir den Einstieg in eine inzwischen etablierte und beliebte Traditionsveranstaltung. Nach einigen Jahren war der Besuchererfolg so groß, dass wir auf zwei Wochenenden ausgeweitet haben. Seitdem ist die Veranstaltung als „Ritterfest“ die größte historische Veranstaltung in Ostfriesland.

Welche Rolle spielen die verschiedenen Händler, Handwerker und Künstler?

Die Idee der Inszenierung ist, den Besuchern einen Einblick in die Zeit zu bieten. Dabei soll das Markttreiben ein stimmiges Bild mit Handwerk, Krämern und Garbrätern bieten, die das Leben einer spätmittelalterlichen Stadt im Sinne „performativer Epochenimagination“ erlebbar machen. Wenn der Besucher den Torbogen am Eingang zum Schloss durchquert hat, findet er sich in einer „mittelalterlichen Welt“ wieder, als hätte er eine Zeitmaschine genutzt. Handwerker lassen sich bei der Arbeit über die Schulter sehen, der Geruch von Kräutern und Weihrauch liegt in der Luft, das Hämmern des Schmieds erklingt nach Läuten der Feuerglocke.

Wo im Mittelalter Markt gehalten wurde, waren auch die Spielleute und Joculatores gern gesehene Gäste, die mit Tanz und Possenspiel die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Auf der Bühne gibt es ein ganztägiges abwechslungsreiches Programm – beste Kurtzweyl ist versprochen. Auch mitten im Markttreiben finden sich stets wieder Aktionen und Möglichkeiten für Jung und Alt, selbst Hand anzulegen, mitzuspielen oder sich im Wettstreit zu messen. Beim Tjostschlagen bei den Wachen wird das Turnier erprobt, die Schatzsuche gibt den Kinder die Gelegenheit, den Markt spielerisch zu erforschen.

Die Falknerdarbietung am 12. und 13.08. entführt Besucher in die Welt der Greifvögel und ihrer beeindruckenden Jagdtechniken. Foto: Fogelvrei-Produktionen

Aber auch das „dunkle Mittelalter“ wird nicht ausgelassen – wenn mit Kräheneinflug am Abend die Doktores verkünden, dass die Pest ausgebrochen ist. Ein riesiger Zug mit Mönchen und Nonnen, Geisslern und Predigern, Wachen und Siechen zieht über den Schlosshof. Doch Dornum bleibt verschont und das Fest kann weitergehen.

Hinter dem Schloss haben die Heerlager ihre Zelte aufgeschlagen und zeigen Ritter und Edeldamen, Rüstzeug, Wehr und Waffen durch die Jahrhunderte. Hier findet auch zweimal am Tag das Ritterturnier statt. Hoch zu Ross werden die Exercicien der Geschicklichkeit geritten, und beim „hohen Gestech“ wird mit der Lanze gegeneinander angeritten. Bodenkämpfe der Ritter sind zu erleben – und so wird hier die Kultur des Hochmittelalters wieder lebendig.

Mitmachen und gewinnen!

Zusammen mit Fogelvrei-Produktionen verlosen wir unter allen Teilnehmern 4x freien Eintritt für zwei Personen für das 21. Ritterfest zu Dornum. Schicken Sie uns bis zum 08.08.23 um 23:59 Uhr eine E-Mail mit Name und Telefonnummer an:

Dafür benötigen die Teilnehmenden sicherlich viel Vorbereitung, um ihre Rollen authentisch zu spielen.

Die Akteure wurden über die Jahre in Theaterimprovisation, Rollenarbeit, Körper- und Stimmübungen, Gesang, Tanz und mittelalterliche Rede (sogenanntes ‚Lutherdeutsch’) ausgebildet.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Organisation eines solchen Events?

Nach mehr als dreißig Jahren Geschichte und Erfahrung in der Inszenierung von Geschichte ist die künstlerische Zusammenstellung eine oft erprobte Übung. Auch die sich verändernden Ansprüche an die Organisation der Events im Hinblick auf Sicherheitskonzepte und Anforderungen konnten wir gut bearbeiten. In Dornum hatten wir nur ein Jahr Ausfall während der Covid-19 Pandemie zu bewältigen. Die größte Herausforderung in der heutigen Zeit ist für uns der (auch bei uns einsetzende) demografische Wandel – auch unsere Handwerker und Akteure werden älter und es gilt, Nachwuchs zu finden, der neben Interesse am Handwerk oder der Darstellung auch Lust auf das Reisen und das Spielen haben.

Gibt es besonderen Erlebnisse oder Anekdoten aus vergangenen Festen, die Ihnen in Erinnerung geblieben sind?

In den ersten vier Jahren im (damals recht verschlafenen) Dornum waren wir „die Fremden“, die eigentümliche Dinge am Schlosshof veranstalteten. Im fünften Jahr gabs dann in einer uns freundlich gestimmten Dorfkneipe den Ostfriesentrunk – und von da an waren wir zumindest temporär während unseres Aufenthaltes in Dornum „Ostfriesen und Dornumer Bürger“.

Wir freuen uns stets wieder, wenn bei Anreise zum Ritterfest (dann mit modernen Fahrzeugen, nicht mit Kutschen) die Straße, an deren Ende unser „Basislager“ für die Ritterfestzeit mit Wohnmobilen und Zelten liegt, festlich mit Ritterfahnen geflaggt ist. Das ist ein herzliches Willkommen bei Freunden und für „uns Unstete Fogelvreie“ ein Heimatort, zu dem wir gerne immer wieder zurückkehren.

Mystisch wird es am 11. August zur Lux Noctis mit Trollen, Feen und Fabelwesen auf dem Markt. Foto: Fogelvrei-Produktionen

Was bedeutet „Lux Noctis“ – und was wird am Freitag den 11.08. geboten?

Lux Noctis heißt „Nacht der Lichter“ – Hier sind die Mythen und Legenden aus der alten Zeit das gesetzte Thema. Das ganze Gelände wird mit Fackeln und Oleanten und magischer Illumination erleuchtet, die Marktleute haben ihre Stände umgestaltet und dekoriert, um die Elementargeister willkommen zu heißen. Mit Einbruch der Dunkelheit öffnen sich die Tore zur „Anderswelt“ und Elfen und Feen, Trolle und Satyre, Nymphen und Kobolde bevölkern das Schlossgelände. Angelehnt an Shakespeares Sommernachtstraum leiten Titania und Oberon den Reigen an – und an verschiedenen Plätzen des Schlosses gibt es immer wieder neue Darbietungen der mystischen Figuren zu entdecken. Auch in diesem Jahr wird die Lux Noctis wieder opulent gefeiert werden.

Vielen Dank für das Interview!

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